Freitag, 24. Oktober 2008

Die Arbeit in der Fundación II

Hat irgendwer meinen letzten Bericht gelesen? Falls ja, vielen Dank für das aufrichtige Interesse an meiner Arbeit. Was ich geschrieben habe, darf getrost vergessen werden.

Kaum zwei Tage später wurde ich nämlich... versetzt! Warum? Entweder ist mein Spanisch unglaublich schlecht und ich habs einfach nicht kapiert, oder es gab keine guten Gründe dafür.
Das Problem ist, das in der Gruppe, in der ich jetzt arbeite, die Hilfe genau so nötig ist, wie in der vorherigen. Alle Voluntarios sind aber völlig ausgebucht und neue Mitarbeiter kann die Fundación nicht einstellen.

Meine derzeitige(!) Gruppe nennt sich Párvulos 1 und ist die jüngste der Fundación, die Kinder sind zwischen eineinhalb und drei Jahre alt. Zur Zeit sind es derer sieben, allerdings werden jetzt am Anfang des Schuljahres noch regelmäßig Kinder zwischen den Gruppen hin- und hergeschoben, außerdem wurde weiterer Zuwachs angekündigt.
Vormittags wird mit den Kindern geklebt, gesungen, gespielt und gefrühstückt -mit den Unterernährten letzteres gleich zwei mal. Nach dem Mittagessen dann mit geputzten Zähnen ab ins Bett (-die Kinder) bzw. Den Unterricht für den nächsten Tag vorbereiten (-die Tía und ich). Wieder aufgewacht wird sich dann schick gemacht (-die Kinder) und es gibt noch eine weitere Mahlzeit (-für die Kinder), ehe es dann nach Hause geht (-alle).
Ich arbeite sehr gern mit den niños dieser Gruppe und meine Arbeit hier ist auch durchaus sinnvoll, denn jedes der Kinder hat so sein eigenes Problem und verlangt eine dementsprechende Aufmerksamkeit und Betreuung. Es spricht auch noch keins von ihnen mehr als ein paar Worte. Mit nur einer einzigen Tía ist die Möglichkeit, sich intensiver mit den einzelnen Kindern zu beschäftigen, an ihren spezifischen Problemen und Schwächen zu arbeiten, einfach nicht gegeben.
Allerdings kann ich, meiner Tätigkeit als Sportlehrer geschuldet, vormittags nur halbstundenweise aushelfen. Einen großen Teil des Nachmittags aber, wenn ich dann Zeit habe, schlafen die Kinder. Es ist nicht so, dass ich diese Zeit nicht produktiv für anderes nutzen könnte, dafür fehlt dann aber vormittags die Hilfe einer Person, die vielleicht weniger durch eine andere Tätigkeit eingenommen ist als ich.

In der dritten Klasse hilft jetzt natürlich niemand mehr aus. Der Lehrer meint zwar, klar zu kommen, die Betreuung der “speziellen” Kinder, die schließlich auch spezielle Bedürfnisse haben, leidet meiner Meinung nach aber sehr. Melanie zum Beispiel sehe ich nur noch im Rollstuhl sitzen und so gut wie gar nicht mehr laufen. Das ist sehr schade, denn das Laufen ist eine ihrer wenigen und hart erarbeiteten Fähikeiten. Ohne regelmäßiges Training allerdings wird sie es laut Fundaciónsärztin nach und nach wieder verlernen.
Die Betriebleitung versicherte mir, dass sich diese Situation auflösen wird, wenn nächsten Monat eine Kollegin, die ein Kind bekommen hat, zurückkehrt. Ich hoffe es.

Also, ich bin nun auch der etatmäßige Sportlehrer der Grundschulklassen. Ich habe zwar in dieser Richtung keinerlei Erfahrung, aber jetzt wo ich das drei Wochen lang drei Stunden am Tag gemacht haben, kann ich schon sagen, es liegt mir wohl. Das Schwierigste ist, erst einmal Autorität gegenüber den Kindern zu gewinnen. In diesem Punkt komme ich zwar langsam, aber stetig voran. Bis jetzt auch ohne Megaphon, ja sogar ohne die obligatorische Trillerpfeife! Wenn mir dann halbwegs zugehört wird, ist der Unterricht auch sehr befriedigend für mich. Die Kids haben einfach unglaublichen Spaß an der Bewegung und grade beim Sportunterricht ist zu sehen, wie gut die behinderten Kinder integriert sind, sie werden genauso in die Mannschaften aufgenommen, wie die anderen und immer angemessen rücksichtsvoll behandelt. Dass die Integration funktioniert, ist sehr wichtig, schließlich ist die Fundación angeblich eines von nur drei integrativen Projekten dieser Art in ganz Ecuador.
Der Sportunterricht ist wohl ziemlich wichtig im pädagogischen Konzept der Grundschulgrade, es gibt keine weiteren Unterrichtseinheiten, die etwa Motorik und Reaktionsvermögen schulen. Kein Wunder, dass ich mich da am Anfang etwas überfordert fühlte, schließlich reicht es nicht, zwei Tore aufzustellen und einen Ball in die Mitte zu werfen. Auch wenn genau das jedes Mal (lautstark) von den Kindern gewünscht wird. Mittlerweile bin ich aber relativ sicher in dem, was ich mache und zuversichtlich, einen guten Sportunterricht abzuliefern. Einzig die fünfte Klasse bereitet mir ein wenig Kopfzerbrechen. Hier ist genau die Hälfte der Kinder behindert, die andere Hälfte aber zockt mich regelmäßig im Fußball ab. Gut, das heißt nicht soo viel. Zumindest ist es aber nicht leicht, bei derart unterschiedlichen Fäigkeiten ein Konzept zu finden, das beide Gruppen gleichermaßen fordert und fördert. Vielleicht mach ich hier dann doch das mit den zwei Toren und dem Ball;-).

Ich hab jetzt erst mal ein entspanntes Wochenende vor mir. Photos von der Arbeit werde ich wohl auch noch hochladen. Sieht ja sonst so aus, als wären wir hier nur am reisen.






Sonntag, 5. Oktober 2008

Mal wieder Photos.

Ja, Photos hochgeladen von:
Mompiche (Strand),
Tena (Wald),
Jenny ihr 30ster Geburtstag.

Freitag, 3. Oktober 2008

Die Arbeit in der Fundación

Nach einigem Hin-und-her und einer eigenhändig gebauten Wand habe ich nun endlich meinen Platz in der Fundacion gefunden.

Die erste Zeit meiner Arbeit in der Fundfación war ich in der Gruppe Prevocacional 2 eingeteilt, in der “Kinder” (teilwiese älter als ich) mit mittelschweren bis schweren Behinderungen, hauptsächlich durch Polio in frühester Kindheit verursacht, betreut werden. In dieser Gruppe war ich allerdings nicht ganz glücklich, da völlig überflüssig. Einerseits sind die Betreuten nämlich in der Lage, den Großteil ihrer körperlichen Bedürfnisse selbst zu erfüllen, andererseits beschränken sich ihre geistigen auf puzzlen und malen. Insofern gab es für mich eigentlich nichts zu tun, auch dem Umstand geschuldet, dass außer mir noch zwei weitere Betreuer in dieser Gruppe gearbeitet haben und wir damit völlig überbesetzt waren, während in anderern Gruppen ein deutlicher Mangel an Betreuern herrscht. Da bis auf ein Kind keines in dieser Gruppe spricht, konnte ich mich auch nicht so richtig in die Sprache einfinden.

Allerdings ließ sich die Führungsetage von der Überflüssigkeit meines beruflichen Daseins überzeugen und so wurde ich versetzt. Und zwar in die dritte Klasse.
Da hier ein Jahr früher eingeschult wird, entspricht diese der zweiten in Deutschland, die Kinder sind bis auf zwei Ausnahmen 7-8 Jahre alt.
Dreizehn Kinder gilt es zu erziehen und zu bilden, davon sind vier mittelschwer behindert. Eine davon ist sehbehindert, eine halbseitig gelähmt aufgrund von Polio, eine hat Muskelschwund und einer ist offiziell “zurückgeblieben”. Meine Aufgabe ist es hauptsächlich, mich um diese vier Kinder zu kümmern.

Evelin zum Beispiel sieht fast nichts und liest, schreibt und malt dementsprechend langsam. Ihr muss bei der Entzifferung und Umsetzung vieler Schulaufgaben geholfen werden. Byron, der als zurückgeblieben geltende, kann zwar nicht sprechen, ist aber der beste im Kopfrechnen... Bei ihm muss ich eigentlich nur darauf achten, dass er sitzten bleibt und sich halbwegs konzentriert. Gabi muss ich alle 10 Sekunden ein Radiergummi leihen, ansonsten ist sie trotz Lähmung sehr selbstständig. Die meiste Zeit beschäftige ich mich mit Melany, die dank Muskelschwund etwa 15 Kilo wiegt und im Rollstuhl sitzt, bei den Kindern der Fundfación aber äußerst beliebt ist. Zur Toilette, wo sie auch meine Hilfe braucht, und zum Essenssaal laufe ich mit ihr in einem kleinen Wagen, für jede Strecke benötigen wir gut zehn Minuten, da es für sie natürlich eine große Anstengung bedeutet (und sie außerdem recht faul ist).

Es ist allerdings nicht so, dass der Rest der Kinder fleißig und aufmerksam -wie ich damals- wäre. Vor allem nachmittags, wenn die Hausaufgaben zu machen sind, ist es nicht immer ganz einfach, Disziplin und Ordnung aufrecht zu erhalten. Dann kommen auch noch vier Kinder aus der Zweiten dazu, zusammen mit der unglaublich schlechten Akustik in der Klasse ergibt das oft eine nicht unbedingt zum Arbeiten anregende Atmosphäre.
Aber auch wenn es mal anstrengend werden kann, fühle ich mich in dieser Klasse sehr wohl. In der Arbeit mit den Kindern erzielt man relativ schnell sichtbare Fortschritte. Die Kinder sind sehr offen gegenüber uns Freiwilligen und fassen schnell Vertrauen, freuen sich jedes mal wenn sie einen sehen, um auf einen zuzurennen und an einem hochzuspringen. Letzteres allerdings habe ich laut Weisung der Chefin zu unterbinden, um mir wenigstens ein bisschen Autorität zu verschaffen, welche ich als Sportlehrer unbedingt brauchen werde. --Oh, schöne Überleitung!

A propos Sportlehrer: Das ist seit dem ersten Oktober meine zweite, vormittägliche Beschäftigung in der Fundación. Ich habe alle fünf Grundschulklassen in “physischer Kultur” zu unterrichten und mich dabei an ministerielle sowie arbeitgeberspezifische Vorgaben -zusammen ca. 30 Seiten- zu halten.
Da ich bis jetzt erst eine Stunde in jeder Klasse gegeben habe, kann ich noch aus keinem großen Schatz an Ehrfahrungen und Erlebnissen schöpfen, folegendes allerdings kann ich bekanntgeben:
Ich freue mich auf diese Arbeit, die sicher eine Herausforderung für mich wird, wo ich aber auch die Chance habe, über fast ein ganzes Jahr etwas Eigenes mit den Kindern aufzubauen.

Mit diesen Worten, in Würde und Feierlichkeit sicherlich angemessen, möchte ich meinen Bericht nun schließen. Und tschüss!